Paris / Erde – Selten zuvor war das Wahlergebnis so knapp wie dieses Mal. Insgesamt zwei Wahlgänge waren erforderlich, ehe die Entscheidung fiel, wer künftig die Geschicke der Föderation der Vereinigen Planeten führen würde. Tausende Bürger hatten sich auf den öffentlichen Plätzen der französischen Stadt versammelt, um gemeinsam dem Ausgang entgegen zu fiebern. Als um 18.00 Uhr Ortszeit das Wahlergebnis verkündet wurde, das denkbar knappste aller möglichen Resultate, teilte sich die Menge in zwei Lager. Die einen bejubelten den Sieg von T’Lali, während die anderen Stephanus‘ Niederlage verdauen mussten. Trotz aller politischen Agitation im Laufe des Wahlkampfs blieb es allerorts friedlich, die Verlierer räumten alsbald den Platz und die Sieger feierten bis in die späten Abendstunden.
Wenigen Minuten nach Veröffentlichung der Zahlen trat ein sichtlich geknickter, aber gefasster Frederik Stephanus in der Pariser Parteizentrale vor die Mikrofone. Er dankte allen Mitstreiter, Unterstützern und Wähler für das Vertrauen.
„Wir haben unser Bestmöglichstes gegeben, wir haben um die Herzen und Köpfen der Bürger gekämpft, und ich bin stolz auf unsere Leistung. Wir wussten spätestens nach der ersten Wahlrunde, dass es extrem knapp werden würde und wir haben noch einmal alles gegeben, um die Mehrheit von uns und unserem Programm zu überzeugen. Leider hat es nicht gereicht. Drei Millionen Wähler konnten wir nicht überzeugen und entschieden sich für meine Konkurrentin T’Lali. Ich gratuliere ihr zu diesem Ergebnis. Ich bin kein schlechter Verlierer, denn ich biete meine Unterstützung in den kommenden Monaten und Jahren bei allen politischen Entscheidungen an. Sie ist nun unsere Anführerin und ihr gebührt die Loyalität und Vertrauen aller Föderationsbürger.“
Die Stimmung war erwartungsgemäß gedämpft, aber die versammelten Anhänger applaudierten dennoch nach der Rede ihres Kandidaten.
Ein ganz anderes Bild gab es im Hauptquartier der Siegerin T’Lali. Die Mitarbeiter und Fans der vulkanischen Präsidentin-in-spé feierten ausgelassen bis zum Morgen, während T’Lali selbst gewohnt ruhig und gelassen blieb.
„Ich danke allen Wählern und Wählerinnen für das in mich gesetzte Vertrauen und versichere, dass ich mich dessen würdig erweisen werde. Meine wichtigste Aufgabe wird es sein, die Anhänger des anderen Lagers ebenfalls zu überzeugen und die Föderation, geteilt durch den langen Wahlkampf, wieder mit einer Stimme sprechen zu lassen. Ich möchte nicht nur die Präsidentin meiner Wählerinnen und Wähler, sondern die aller Bürger sein und werde auch deren Wünsche und Nöte berücksichtigen. Frederik Stephanus und ich haben bereits miteinander gesprochen und vereinbart, die Probleme der Föderation gemeinsam anzugehen.“
Beobachter und Kommentatoren sind von der Ankündigung der neuen Präsidentin, zur Kooperation mit dem politischen Gegner, nicht überrascht, denn tatsächlich geht ein tiefer Riss durch die Mitte der Gesellschaft, was das Abstimmungsergebnis auch belegt, und oftmals stehen sich die Forderungen der Interessengruppen diametral gegenüber. Es wird für T’Lali nicht leicht, das eigene Programm durchzubringen, denn sie ist bei wichtigen Vorhaben auf die Unterstützung des Rates und der Gouverneure angewiesen, wo sich viele enttäuschte Unterstützer Stephanus‘ finden, und natürlich auf die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Es wird eine schwierige Präsidentschaft, das ist bereits abzusehen.